19. August 2010

Volatilität: Die Plage der Märkte

Gleich zweimal rückt der Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung in seiner neuen Ausgabe (>>> W&E 08/August 2010) ein Phänomen in den Vordergrund, das schon immer mit un- oder deregulierten Märkten assoziiert wurde: die Volatilität bzw. Schwankungsintensität, das Auf und Ab in den Preis- und Kapitalbewegungen. Das erste Beispiel sind die Kapitalflüsse in den Süden, die derzeit einen erneuten Boom erleben, deren regelmäßiger Einbruch aber seit Anfang der 1980er Jahre in allen Schulden- und Finanzkrisen der „Dritten Welt“ eine zentrale Rolle spielte. Auch die Boom-Phasen in diesem Auf und Ab sind nicht unproblematisch, denn sie können die Inflation anheizen und das Geldangebot aufblähen. Um dies einzudämmen und die Kapitalzuflüsse zu verteuern, griff beispielsweise Brasilien im letzten Herbst zu Kapitalverkehrskontrollen.

Das zweite Beispiel ist die gestiegene Volatilität der Preisentwicklung auf den Nahrungsmittelmärkten, die durch eine wachsenden „Finanzialisierung“ der Agrarmärkte verstärkt wird. Besonders seit der letzten globalen Finanzkrise hat die Finanzindustrie die Agrarmärkte als Spekulationsfeld neu entdeckt, so dass selbst so unverdächtige Stimmen wie Joachim von Braun (früher: International Food Policy Institute in Washington, heute. Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn) eine stärkere Regulierung der globalen Nahrungsmittelmärkte fordern (>>> Warum die Food-Weltmärkte reguliert werden müssen).

Die Konzepte für die Zurückdrängung der Volatilität sind bislang allerdings unterschiedlich entwickelt: Während die Überlegungen zur Regulierung des Weltmarkts für Nahrungsmittel noch ganz am Anfang stehen, gibt es zur Regulierung des Kapitalverkehrs ein relativ aufgefächertes und diversifiziertes Instrumentarium, von direkten, administrativen Maßnahmen bis hin zu indirekten Regulierungen über den Preis bzw. durch quasi-steuerliche Regelungen. Das Problem besteht freilich nach wie vor darin, dass einzelstaatliche Maßnahmen der Kapitalverkehrsregulierung oft zu regelrechten Strafaktionen der Marktakteure gegen das betreffende Land führen. Die Orientierung, die W&E hier in Anlehnung an die jüngere internationale Debatte vorgibt, geht daher in die Richtung einer international koordinierten Einführung von Kapitalverkehrskontrollen (>>> Zeit für koordinierte Kapitalverkehrskontrollen). Ein geeigneter Ort dafür wäre die G20; eine sinnvolle Rolle könnte auch der IWF spielen, nachdem er jüngst seine dogmatische Neinsager-Rolle in dieser Frage gelockert hat.

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