State of Food 2019: Kehrtwende zu Agraroekologie unabdingbar, sagt Oxfam
Steigende Hungerzahlen, stärkere Klimaextreme und beschleunigtes
Artensterben – eine Kehrtwende in der Agrar- und Ernährungspolitik ist
drängender denn je. Dies betont die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation
Oxfam anlässlich des heute veröffentlichten Welternährungsberichts der VereintenNationen. Agrarökologie sollte zum zentralen Förderkonzept der Armuts- und
Hungerbekämpfung im ländlichen Raum in Entwicklungsländern werden. Das Konzept sei
besonders geeignet, um die Folgen der Klimakrise in der Landwirtschaft zu
bewältigen: Sowohl die Bodenfruchtbarkeit als auch der Zugang zu lokal
produziertem und vielfältigem Saatgut würden verbessert, zudem stabilere
Ernteerträge ermöglicht.
Nach
Angaben der Vereinten Nationen ist die Zahl der Hungernden im Jahr 2018 im
dritten Jahr in Folge gestiegen, hauptsächlich aufgrund von Konflikten und
Klimaextremen. Um diese strukturellen Ursachen des Hungers anzugehen, braucht
es eine Kehrtwende in der Agrarpolitik hinzu agrarökologischen Ansätzen. Dabei
werden ökologische und menschenrechtliche Prinzipien angewandt, die Einkommen
von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen gestärkt sowie ihre Unabhängigkeit und
Teilhabe gefördert.
Die
Agrarökologie ist besonders geeignet, um die Folgen der Klimakrise in der
Landwirtschaft zu bewältigen. Denn eine vielfältige Anzahl von Pflanzen wird
intelligent kombiniert und angebaut, so dass die Fruchtbarkeit von Böden
erhöht, ihre wasserregulierende Funktion verbessert und der Schädlings- und
Krankheitsdruck reduziert wird. „Bei agrarökologisch bestellten Feldern sind die
Ernteerträge stabiler, falls es zu Dürren, Stürmen oder Starkregen kommt“, sagt
Marita Wiggerthale, Oxfam-Referentin für Welternährung und globale Agrarfragen.
Eine
Langzeitstudie über einen Zeitraum von 30 Jahren hat beispielsweise ergeben,
dass die Maiserträge in Zeiten von Dürren in ökologischen Anbausystemen um 31%
höher waren als in konventionellen. Als Sicherheitsnetze fungieren dabei lokale
Nahrungsmittelreserven und lokale Saatgutbanken. Agrarökologisch orientierte,
kleinbäuerliche Produzenten verkaufen ihre Lebensmittel direkt vor Ort oder in
der Region an Konsument*innen oder über Kooperativen. Ihre Netto-Einkommen
steigen, weil die Erträge dank fruchtbarer Böden und gesünderer Pflanzen höher
ausfallen, alternative Absatzmärkte zu Agrar- und Lebensmittelkonzernen
bestehen und teure Pestizide und Düngemittel eingespart werden können. Deswegen
fordert Oxfam: „Agrarökologie sollte in der Entwicklungszusammenarbeit zum
zentralen Förderkonzept der Armuts- und Hungerbekämpfung auf dem Lande werden“.
Das Konzept der
Agrarökologie ist eng verknüpft mit der Autonomie von Bauern und Bäuerinnen
hinsichtlich des Zugangs zu und der Kontrolle über lokal produziertes,
kulturell angemessenes und vielfältiges Saatgut. „Bäuerliche Saatgutsysteme
stellen weltweit 80% des Saatguts für den Anbau von Lebensmitteln zur
Verfügung“, erklärt Wiggerthale. Studien haben vielfach gezeigt, dass
kleinbäuerliche Produzenten in Entwicklungsländern davon abhängig sind, Saatgut
von ihrem Betrieb auszutauschen, damit zu handeln und wiederzuverwenden. Oxfam
spricht sich gegen Patente auf Pflanzen, Pflanzenteile und DNA-Sequenzen aus,
weil dadurch der Zugang der Bauern und Bäuerinnen zu den Bausteinen des Lebens
eingeschränkt würde.
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