28. Februar 2019

Skandalurteil gegen Attac

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich entschieden, das bestätigende Urteil der ersten Instanz über die Gemeinnützigkeit von Attac aufzuheben und an das Hessische Finanzgericht zurückzuverweisen. In seiner Begründung stellt er fest, dass die „Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung … keinen gemeinnützigen Zweck erfüllt.“ Erkennbar setzt der BFH darin den Rahmen für politisches Engagement von gemeinnützigen Organisationen sehr viel enger als das Finanzgericht in Kassel. Insbesondere die beiden Zwecke Förderung der Bildung und des demokratischen Staatwesens werden durch das Urteil deutlich eingeschränkt.


Das Urteil gegen Attac Deutschland wird einhellig als Skandal empfunden, nicht nur bei Attac selbst, sondern bei einem breiten Spektrum zivilgesellschaftlicher Organisationen. „Das ist ein verheerendes Signal für die gesamte kritische Zivilgesellschaft in Deutschland. Wir blicken mit großer Sorge auf Länder wie Ungarn oder Brasilien, die die Arbeit emanzipatorischer NGOs zunehmend unterdrücken und erleben nun auch hierzulande, wie Regierung und Parteien immer öfter versuchen, politisch missliebige Organisationen über das Gemeinnützigkeitsrecht mundtot zu machen“, erklärte der Vorstand des Attac-Trägervereins. Auch beim Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) stößt das Urteil auf scharfe Kritik. Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von VENRO, hält das Urteil für gefährlich. Es schwäche die lebendige Demokratie in Deutschland und erschwere das Engagement für eine gerechtere Welt.

„Mit dem Urteil entsteht der Eindruck, dass politische Meinungsbildung nicht mit dem deutschen Verständnis von Gemeinnützigkeit vereinbar sei. Das ist eine gefährliche Entwicklung“, sagt Bornhorst. „Freiräume gilt es zu verteidigen und nicht einzuschränken. Eine aktive und gemeinwohlorientierte Zivilgesellschaft ist ein Grundpfeiler von Demokratie und offenen Gesellschaften. Versuche, politisch unbequeme Stimmen zum Schweigen zu bringen, indem zivilgesellschaftlichen Organisationen die finanzielle Grundlage entzogen wird, kennen wir bisher vor allem aus dem globalen Süden.“ 

In immer mehr Staaten wird die Zivilgesellschaft inzwischen in ihren Handlungsspielräumen eingeschränkt. Im Dezember 2018 hatten sich die VENRO-Mitglieder aus diesem Grund mit einer gemeinsamen Erklärung an die Regierungsparteien gewandt und den Einsatz für eine starke Zivilgesellschaft gefordert. VENRO setzt sich wie Attac für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung ein. Die Erklärung der VENRO-Mitgliederversammlung „Demokratie braucht eine starke Zivilgesellschaft – in Deutschland und weltweit“ kann >>> hier nachgelesen werden. Die Attac-Presseerklärung findet sich >>> hier.

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