31. August 2018

Argentinien als Extremfall: Emerging Markets in der Krise

Kaum eine Krise ist so oft vorhergesagt worden wie die der aufstrebenden Märkte, der Schwellenländer des Südens. Jetzt ist sie da. Die prominentesten Beispiele sind Argentinien und die Türkei. Aber auch der allgemeine Emerging Markets Index notiert einen bemerkenswerten Verfall. Im Hintergrund steht der steigende Dollar und der anziehende Zinssatz in den USA. Beides zieht das ausländische Kapital an und lässt es herdenweise aus den Emerging Markets fliehen. Deren relativ hohe Renditen verlieren gegenüber dem „sicheren Hafen“ USA an Anziehungskraft. Dagegen helfen offensichtlich auch keine Verzweiflungstaten.


Nehmen wir Argentinien. Mit dem zentralen Zinssatz, den die Zentralbank gestern um 15% auf 60% angehoben hat, ist das Land auf Weltrekord-Niveau angekommen. Mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) hat es schon im Juli das höchste Stand-by-Programm in dessen Geschichte (50 Mrd. Dollar) abgeschlossen. Das Land verfügt über eine extrem wirtschaftsfreundliche Regierung, die als neoliberaler Musterknabe gilt und die Austerity-Konditionen des IWF vorbildlich umsetzt (>>> Ein neuer IWF in Argentinien?). Den Ton in der Hauptstadt Buenos Aires geben Technokraten an, die der globale Mainstream begeistert unterstützt.

Doch obwohl die Herrschaften in Buenos Aires mit Ausnahme einiger Kommunikationsfehler – so hat Macri den IWF über den Videokanal YouTube zur vorzeitigen Auszahlung der Bail-out-Kredite aufgerufen – nach Ansicht dieses Mainstreams nichts falsch gemacht haben, gehen die „Marktschmerzen“ weiter, rutscht das Land weiter in die Krise. Allein seit Jahresbeginn hat der Peso gegenüber dem Dollar um 50% an Wert verloren. Allein gestern ist er um 16% abgesackt – trotz des abenteuerlich hohen Zinssatzes, der die Wirtschaft – wie auch die Sparmaßnahmen – weiter in die Rezession treiben dürfte.

Warum ist das so? Der Verfall findet nicht trotz der aktuellen Wirtschaftspolitik statt, sondern wegen dieser. Umgekehrt also wird ein Schuh draus. Die Regierung Macri verkündet allenthalben, sie habe das Land an die Kapitalmärkte zurück geführt. In Wirklichkeit hat sie es diesen ausgeliefert. Kurz nach Regierungsantritt hatte sie nichts Besseres zu tun, als den Geierfonds, die den Schuldenschnitt Anfang der Nuller Jahre nicht mitmachen wollten, die Bedienung ihrer horrenden Forderungen zuzusichern. Finanziert werden sollte dies über exorbitante Zins- bzw. Profitangebote an die privaten Märkte. Eine neue Schuldenspirale wurde so mutwillig und ohne Not in Gang gesetzt. Jetzt funktioniert auch dieses Buhlen um Finanzkapital nicht mehr. Bezahlen müssen die Zeche die Argentinierinnen und Argentinier – wieder einmal.

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