17. Juni 2014

Geier bedrohen erneut Argentinien und auch neue Umschuldungen anderswo


Gestern hat der US-Supreme Court das Urteil eines Manhattener Gerichts zugunsten des Geierfonds NML Capital gegen Argentinien bestätigt. Durch das Urteil wird nun Argentinien gezwungen, die Staatsanleihen, die NML Capital billig auf dem Sekundärmarkt gekauft hat, in voller Höhe zu bedienen, sobald es Zahlungen an die Inhaber beim Schuldentausch 2005/2010 ausgegebenen Anleihen leistet. Damals hatten 90% der Anleihegläubiger des 2002 pleite gegangenen Staates auf rund 70% des Nennwerts ihrer alten Anleihen verzichtet.

Die 1,3 Mrd. US-Dollar, die Argentinien nun zahlen muss, wenn es sich nicht gänzlich vom US-Kapitalmarkt zurück ziehen will, beleben nicht nur die Gerüchte von einer erneuten Staatspleite des südamerikanischen Landes. Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández Kirchner hat inzwischen erklärt, sie könne das Land nicht einer solchen Erpressung unterwerfen. Wörtlich in einer Rede sagte sie: "Wir sehen uns in der Pflicht, unsere Gläubiger zu bezahlen, aber nicht zu Opfern der Erpressung von Spekulanten zu werden." Erst in der vergangenen Woche musste Argentinien der Zahlung von knapp 10 Mrd. US-Dollar in den kommenden drei Jahren an seine Gläubigerregierungen im Pariser Club zustimmen (>>> Argentinien verweigert sich dem IWF). 

Die Praxis der Geierfonds nannte Fernández "unethisch". Das Hedgefonds-Konsortium hätte die Forderungen 2008 für 48,7 Mio. Dollar gekauft, aber allein 2014 eine Wertsteigerung von 1608% verzeichnet. "Ich glaube, nicht einmal im organisierten Verbrechen gibt es Gewinnsätze von 1608% in so kurzer Zeit", sagte sie.

Viel weit reichender sind die Folgen des US-Urteils für künftige Staatspleiten auch anderer Länder. Denn es schafft für alle Gläubiger einen starken Anreiz, sich künftig nicht mehr an freiwilligen Umschuldungen von zahlungsunfähigen Staaten zu beteiligen. Schließlich müssen sie befürchten, dass ihre Zugeständnisse nicht mehr dem Schuldner zugute kommen – und damit der Sicherheit ihrer verbliebenen Forderungen. Vielmehr profitieren künftig diejenigen Gläubiger, die sich einer Vereinbarung verweigern. Um genau dies zu verhindern hatten neben den Inhabern der neuen argentinischen Anleihen und allen größeren Kirchen und Religionsgemeinschaften der USA im JubileeUSA-Network auch die US- und die französische Regierung sowie die Weltbank den Gerichtshof aufgefordert, der Klage Argentiniens stattzugeben.

Für Jürgen Kaiser vom deutschen Erlassjahr-Netzwerk zeigt der Fall NML-Capital dramatisch die Notwendigkeit eines geordneten und rechtlich abgesicherten Insolvenzverfahrens für Staaten. Noch am vergangenen Freitag hatte der Vorstand des Internationalen Währungsfonds für Verbesserungen im Umgang mit überschuldeten Staaten beschäftigt. Auf Druck der gleichen G8-Länder, die nun zu Recht den Erfolg der Spekulanten gegen Argentinien beklagen, hat der IWF aber nur kosmetische Veränderungen der globalen Finanzarchitektur diskutiert.

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