Irreführende Debatte um EPAs im Bundestag
In ihrem heutigen Bundestagsantrag (Drucksache 16/7487) loben die CDU und SPD die geplanten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) als Instrumente für Entwicklung, Armutsbekämpfung und Stabilität in den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik (AKP). Die Menschenrechtsorganisation FIAN und die Entwicklungsorganisation Germanwatch vermissen darin eine ernsthafte Folgenabschätzung der EPAs und eine realistische Bewertung des aktuellen Verhandlungsstands. Nur wenige AKP-Staaten haben bisher Zustimmung signalisiert. Die Erwartung der Koalition, daß alle sechs Regionen bis Ende des Jahres ein Abkommen unterzeichnen, ist nach Ansicht der beiden NGOs pures Wunschdenken. Spätestens seit dem EU-Afrika-Gipfel am vergangenen Wochenende in Lissabon sei die Strategie ‚Augen zu und durch’ gescheitert.
FIAN und Germanwatch widersprechen der Behauptung der Koalitionsfraktionen, die EU habe die Bedenken der AKP-Staaten und der Zivilgesellschaft weitgehend aufgegriffen. Noch in der vergangenen Woche hatten zahlreiche NGOs Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul gebeten, auf eine substantielle Änderung der EU-Position in den EPA-Verhandlungen hinzuwirken. Die AKP-Staaten müßten die Möglichkeit haben, ihre Märkte mindestens vor 40% der europäischen Importe zu schützen, statt der bisher eingeräumten 20%. Für sensible Produkte müßten auch Zollerhöhungen und mengenmäßige Begrenzungen möglich sein. Der Verweis auf Menschenrechte und Armutsbekämpfung bleibe in dem Antrag leider rhetorische Begleitmusik ohne Substanz. Irreführend sei auch die Einschätzung, EPAs förderten die regionale Integration. Anstatt den Konsens der gesamten Region abzuwarten, schließe sie Abkommen mit einzelnen Mitgliedern und untergrabe bestehende Ansätze regionaler Integration.
Auf einer Konferenz von Germanwatch, der niederländischen Entwicklungsorganisation Both ENDS, FIAN und der UK Food Group hatten Bauern und NGOs aus Ghana, Sambia, Uganda und Europa in den vergangenen Tagen in Berlin eine Zwischenbilanz der Verhandlungen gezogen. „Zur Entwarnung gibt es für uns keinen Grund. Wir werden uns solange gegen EPAs wehren, bis sie tatsächlich die Entwicklungsanliegen unserer Länder aufgreifen“, erklärte Adam Nashiru, Bauernpräsident aus Ghana. In Lissabon hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel noch eine Flexibilisierung der EU-Position in Aussicht gestellt. Im Koalitionsantrag jedenfalls ist davon nichts zu erkennen, wundert man sich.
Weitere EPA-Anträge wurden von der Linken und den Grünen vorgelegt (Bundestagsdrucksachen 16/7469 und 16/7473)
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